Dass Dorothea Peichl ausgerechnet einmal Kinder in Mathematik fördern würde, war nicht immer abzusehen. „Ich bin bei Mathe hängengeblieben, weil es keiner machen wollte – ich war der Notnagel“, erzählt sie lachend und freut sich sichtlich, dass es so gekommen ist.
Alles begann 2012, als sie bei einem Schulprojekt feststellte, dass selbst Drittklässler nur das zählende Rechnen beherrschen und noch mit den Fingern rechnen. Ihnen fehlte die nächste mathematische Kompetenz: Das Mengen erfassen. Ihre Beobachtungen haben sie dazu bewegt, sich Unterstützung bei Johannes Hinkelammert, einem Dozenten der Freien Universität Berlin im Bereich der Mathedidaktik zu suchen. Gemeinsam entwickelten sie ein Konzept für die mathematische Früherziehung in der Kita, das Dorothea Peichl mit weiteren Ehrenamtlichen ausprobierte. Es dient mit seinen Würfel– und Bewegungsspielen als Prävention gegen Rechenschwäche. „Kinder begreifen sehr schnell, man muss sich nur die Zeit für sie nehmen“, sagt Dorothea Peichl mit voller Überzeugung.
Um weiteren betroffenen Kindern den Anschluss zu ermöglichen und für Bildungsgerechtigkeit einzutreten, gründete sie zusammen mit Gleichgesinnten im Oktober 2021 den gemeinnützigen Verein Bildung und Gesellschaft e.V. Ein Schwerpunkt ist seit Beginn der Vereinsarbeit die Matheförderung in den 2. Klassen der Grundschulen. Dafür wurde ein Konzept erarbeitet, bei dem Kinder parallel zum Unterricht mit speziell erstellten Förderboxen unterstützt werden. Ein Pate oder eine Patin nimmt sich dann eine ganze Schulstunde lang Zeit für das Kind. „Allein das ist für die Kinder so wichtig – einmal einen Erwachsenen ganz für sich zu haben, dem sie Fragen stellen können“, berichtet Dorothea Peichl. In diesem Jahr wurde mit großem Anklang außerdem ein Programm zur Sprach- und Leseförderung in den 2. Klassen der Grundschulen gestartet, bei dem jeweils zwei Kinder eine Schulstunde lang durch eine Patin oder einen Paten unterstützt werden.
Wenn Dorothea Peichl von ihrer Arbeit für den Verein erzählt, wird schnell spürbar, mit welch unermüdlichen Energie sie aktiv ist, auch wenn sie hier mittlerweile einen Fulltime-Job absolviert: „Ich bastele unsere Förderboxen, bin für die Finanzen zuständig, organisiere und lenke“, erzählt sie. Außerdem geht sie nach wie vor als Mathepatin in die Schulen. „Diese Erfahrung möchte ich nicht aufgeben, damit ich für Ehrenamtliche auch mit einer schnellen Lösung parat stehen kann, wenn ich um Rat gebeten werde.“
Was sie, abgesehen von der guten Arbeitsatmosphäre im Team der Vereinsmitglieder, zu ihrem Engagement motiviert, kommt ihr ebenfalls ohne zu zögern über die Lippen: „Mir geht es nicht um Ankerkennung, mir geht es um die Kinder, weil ich manchmal dasitze und zusehen kann, wie sie etwas begreifen, wie sie Spaß am Unterricht haben und sich wieder melden – das finde ich großartig!“ Diese für beide Seiten positive Erfahrung möchte Dorothea Peichl niemandem vorenthalten. Daher setzt sie sich dafür ein, dass noch mehr Ehrenamtliche eine Sprach- oder Mathepatenschaft übernehmen um den Bedarf, der beispielsweise auch in Pankow groß ist, decken zu können. „Ich wünsche mir mehr Zulauf von Ehrenamtlichen, ich weiß, dass es die gibt“, sagt sie hoffend wie überzeugt. Zu erkennen ist in diesen Worten ihr Motto, mit dem sie schon so vieles für die „Patenkinder“ erreichen konnte: „Geht nicht, gibt’s nicht!“
Herzlichen Dank für Ihr Engagement, Dorothea Peichl!
I.W. – März 2024