Als Florian Brennenstuhl im Spätsommer 2023 eine Runde um den Weißen See spazierte, fasste er sich ein Herz, legte einen kleinen Umweg über die FreiwilligenAgentur Pankow ein und informierte sich über Möglichkeiten eines ehrenamtlichen Engagements. Dieser Impuls kam dem 25-jährigen, als er selbst gerade einen Umbruch in seinem Leben erfahren hatte. Er erkrankte, konnte seine begonnene Ausbildung nicht mehr weiterführen und zog von Sachsen-Anhalt nach Berlin, wo er in einer therapeutischen Wohngemeinschaft einen neuen Lebensabschnitt begann. In den Strukturen der WG angekommen, wurde ihm klar, dass eine ehrenamtliche Aufgabe seinen Alltag bereichern könnte. Sein Spontanbesuch in der FreiwilligenAgentur resultierte in einem ermutigenden Gespräch, nach dem ihm ein „Blumenstrauß“ passender Angebote zugeschickt wurde, erinnert er sich lachend und ergänzt: „Es war so eine gute Entscheidung hierher zu kommen!“
„88-jährige Frau sucht Person zum Kartenspielen“ war ein Gesuch, das in dem „Blumenstrauß“ der Vermittlungsangebote aus der FreiwilligenAgentur enthalten war und dem er nachging. Es führte ihn zum Unternehmen Frischer Wind, bei dem Mitarbeiter:innen stundenweise Menschen in deren Haushalten besuchen, ihnen Gesellschaft leisten und sie je nach Bedarf unterstützen. Neben dem Kartenspielen widmete sich Florian Brennenstuhl auch Alltagsaufgaben wie Wäscheaufhängen und Einkaufen, die für die Besuchten oft beschwerliche Herausforderungen darstellten. Auch gute Gespräche kamen nicht zu kurz und so bildeten sich bereichernde Kontakte für beide Seiten. Mittlerweile ist aus dem Ehrenamt für ihn sogar ein Minijob geworden.
Ebenfalls im „Blumenstrauß“ enthalten war ein Angebot, das Florian Brennenstuhl auf den Lerntreff, ein Projekt der Berliner Volkshochschulen, aufmerksam machte. Immer montags um 13.30 Uhr öffnet der Lerntreff im Pankower Stadtteilzentrum für einige Stunden seine Türen und richtet sich, ohne dass eine vorherige Anmeldung oder der Besuch eines VHS-Kurses notwendig ist, an Menschen mit ganz unterschiedlichen Anliegen.
Hier kommen Personen zusammen, die Lesen, Schreiben oder die deutsche Sprache lernen und vertiefen möchten und treffen auf andere, die beispielsweise Unterstützung beim Verstehen wichtiger Briefe suchen. Neben anderen Ehrenamtlichen sitzt an diesen Nachmittagen regelmäßig auch Florian Brennenstuhl an einem der Tische und unterstützt beispielweise Menschen mit Fluchterfahrung bei aufkommenden Fragen zu Herausforderungen der deutschen Grammatik.
Dabei steht für ihn aber nicht nur die fachliche Unterstützung, sondern vor allem eine Botschaft im Vordergrund, die er ganz selbstverständlich und nahbar in sein Ehrenamt hineinlegt. „Hier sind Leute für euch da, ihr seid willkommen, schön, dass ihr da seid – das möchte ich mit meiner Arbeit beim Lerntreff vermitteln“, erzählt er überzeugt. Dabei genießt er, dass die Aufgeschlossenheit auf Gegenseitigkeit beruht. Auch er fühlt sich mit allem, was ihn und seinen Lebensweg ausmacht, gut aufgehoben. „Ich habe hier meinen festen Platz, jeder kennt mich“, stellt er fest und freut sich besonders über die Lernpartner:innen, die regelmäßig kommen und ihn immer montags herzlich begrüßen. „Alle sind sehr dankbar, jeder auf seine Weise“ erkennt er – nicht ohne die Offenheit derjenigen, die sich ihm gegenüber geöffnet haben, ebenso wertzuschätzen. „Für mich ist es gut zu sehen, dass Leute mit Schicksalsschlägen ihr Leben trotzdem weiterleben.“
Herzlichen Dank für das Engagement, Florian Brennenstuhl!
I.W. – März 24